Michael Schnitzenbaumer/ Juni 10, 2022/ Zeitgeschehen/ 0Kommentare

…oder weniger reißerisch ausgedrückt: Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Reibungspunkten zwischen dem Weiblichen und dem Männlichen.

Wir wollen ein wenig Licht in das Wirrwarr der gegenwärtigen Geschlechtsdefinitionen bringen, und dazu beitragen, den Menschen als Ganzes in den Vordergrund zu rücken, so wie es z.B. in der chinesischen Philosophie betont wird, und dort anschaulich wiedergegeben wird, durch das bekannte Yin und Yang Symbol.

Das durchaus berechtigte Streben des Menschen nach Individualität und Freiheit nimmt manchmal Formen an, die für viele von uns nur noch schwer nachvollziehbar sind. Vielleicht geht es Ihnen ja auch so.
So sollten wir uns heute z.B. mit dem Unterschied zwischen ‘Frauen’ und ‘menstruierende Menschen’ auseinandersetzen – wenn wir gute Menschen sein wollen. Schließlich ist nicht jede Frau in der Lage zu menstruieren, weil ihr z.B. die Gebärmutter entfernt wurde. Umgekehrt können nicht-binäre Menschen durchaus über eine Gebärmutter verfügen. Sie sind daher in der Lage zu menstruieren.

Auch Begriffe wie ‘Vater’ oder ‘Mutter’ stehen immer wieder auf dem Prüfstand.

Ersatzbegriffe wie ‘gebärender Elternteil‘ und ‘nicht-gebärender-Elternteil‘ geistern stattdessen durch Artikel im Internet. Hierzu eine persönliche Anmerkung von mir als Mann und Vater:

Wenn man schon mit solchen Begriffen um sich wirft, wäre es dann nicht sinnvoller, den Papa, also den ‘nicht-gebärenden-Elternteil’, ‘zeugender Elternteil’ zu nennen? Mir ist schon bewusst, dass nicht jeder Mann zeugungsfähig ist, da aber ‘nicht-gebärender-Elternteil’ ‘gebärend‘ enthält, wird der männliche Anteil an der Entstehung eines Menschen – also die Befruchtung der Eizelle – wie selbstverständlich negiert, als wäre nur das Gebären entscheidend um Leben zu schenken. Und das kann ja nicht Sinn einer gendergerechten Sprache sein, die von manchen so vehement gefordert wird. Und um bei diesem Beispiel zu bleiben: Wie nennt man in dem Fall Eltern die ein Kind adoptiert haben?

Für Gerechtigkeit in der Sprache zu sorgen ist also gar nicht so trivial, wenn wir bestimmte Menschengruppen ansprechen wollen, ohne andere gleich auszuschließen. Eine wirklich praxistaugliche Lösung ist noch nicht in Sicht. Erfreulicher Weise können wir die Debatten darüber getrost einer kleinen als elitär geltenden Gruppe überlassen.

Die seit Jahrhunderten etablierten Begriffe ‘Mutter‘, ‘Vater‘ zeigen vielleicht ohne politische Korrektheit, aber dafür leicht und intuitiv erkennbar die Pole der Geschlechter. Im Zeugungsakt wird zugleich die Vereinigung dieser Gegensätze (Geschlechter) deutlich. ‘Vater‘ und ‘Mutter‘ weisen sofort darauf hin, dass die Vereinigung stattgefunden hat.

Für eine Vereinigung egal ob physisch oder spirituell benötigen wir mehr als nur ein Geschlecht. Trotzdem befeuern kleinliche Reibereien in unserer Kultur sinnentleerte Fragen, welches Geschlecht nun das Bessere sei. Dabei werfen wir alles in einen Topf, was mit Geschlechterkampf zu tun hat: Unterdrückung, Privilegien, Klischees von männlich, weiblich und divers. So wird aus einem Kampf für eine gerechte Sache (alle Menschen sind gleich), ein Einheitsbrei aus Anschuldigungen, die so lange hochkochen, bis der Topf überbrodelt. Der Brei in diesem Topf ist nichts weiter als ein soziales Konstrukt, das die Polarität von männlich und weiblich verneint, und im schlimmsten Fall aussagt, das Geschlecht habe keine Bedeutung mehr. Geholfen ist damit niemanden.

Holen wir daher zumindest die gegensätzlichen geschlechtsspezifischen Pole aus diesem Topf der Vorurteile heraus, und machen daraus eine kleine Auflistung:

biologisches Geschlecht (sex)
Beispiel: Mann, Frau

soziales Geschlecht (gender)
Beispiel: Trans-Mann, Trans-Frau

Archetypen
Beispiel: männlich – Sonne / Mars, Vater, Herrscher, Hohepriester
weiblich – Mond / Venus, Mutter, Herrscherin, Hohepriesterin

Qualitäten, bzw. Energien
Beispiel: männlich – linear, aktiv, verändern, dynamisch, senden
weiblich – zyklisch, passiv, erhalten, magnetisch, empfangen

Bei den Qualitäten, aber teilweise auch bei den Archetypen ist der geschlechtliche Ursprung, gleich ob biologisch oder sozial übrigens vollkommen unerheblich. Jedes biologische oder soziale Geschlecht kann ein oder mehrere Anteile, mehr oder minder stark ausgeprägt in sich vereinen.
Und da sind wir auch wieder beim Zauberwort: Vereinen. Fälschlicher Weise werden Attribute die dem Männlichen oder Weiblichen zugeordnet sind, sehr oft auch automatisch dem entsprechenden biologischen Geschlecht zugeordnet.

Natürlich gibt es Frauen, die gerne in ihrer Mutterrolle aufgehen, oder Männer, die ihrer Karriere alles unterordnen, wenn sie sich mit den entsprechenden Qualitäten verbunden fühlen. In unserer heutigen Gesellschaft werden solche ‘Klischees’ oft mit etwas Abwertenden verbunden, obwohl diese Menschen vielleicht nur ihre bevorzugten Energien ausleben möchten. Diesen Klischees haben wir auch die ungerechtfertigte Verbindung der Energien zum entsprechenden biologischen Geschlecht zu verdanken.

Denn selbstverständlich kann auch eine Frau aktiv handeln, Initiative zeigen, oder vom Leistungsdenken getrieben sein. Genauso wenig werden Frauen es sich absprechen lassen, wichtige Entscheidungen mit dem Verstand treffen zu können.
Auf der anderen Seite gibt es auch Männer die ihre schöpferischen Kräfte zum Ausdruck bringen wollen, u.a. durch Kunst. Auch Männer sind zudem durchaus in der Lage spirituelle und geistige Erkenntnisse zu erlangen. Hier sieht man sehr gut, dass Energien und Qualitäten nicht mit dem entsprechenden Geschlecht verbunden sind. Alle Menschen können sich diese universellen Wirkungskräfte zunutze machen, wenn sie sich davon angezogen fühlen.

Mit der Kunst gegensätzliche (männliche / weibliche) Qualitäten in uns zu vereinen, erschaffen wir statt einem wildgemischten Brei, uns selbst als ‘ganzen’ Menschen. Genau das ist die Kunst. Wenn es uns gelingt, die Aufteilung in entsprechende Schubladen zu überwinden, legen wir die Hülle des oberflächlichen Geschlechterdenkens ab, und treffen auf unseren eigentlichen inneren Kern.

Unser Körper, also unser biologisches Geschlecht ist ein wichtiger Teil von uns, aber davon unabhängig fühlen wir uns mit unseren persönlichen Energien verbunden.

Der Mensch vereint die Urkräfte des Männlichen und Weiblichen und wird dadurch zu dem was er ist und was ihm charakterisiert. Jeder Mensch ist ein individuelles Kunstwerk seiner selbst. Hier kann wahre Gleichberechtigung entstehen.

Vielleicht werden wir in ferner Zukunft weder Patriarchat, noch Matriarchat längerfristig anstreben, sondern eine Verbindung von beiden nutzen, um ein Gesellschaftssystem zu errichten, das sowohl von Gerechtigkeit als auch von Barmherzigkeit geprägt ist.

Bildquelle: © leshabu – 123rf.com #9447227

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